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Name:
Adler, Valentina, Dr. (auch: Schreiber, Dina)
Geboren:
5. Mai 1898, Wien
Bio:

Tochter des Individualpsychologen Alfred Adler. Sie war Mitglied der SDAP ab 1918, des KJV ab 1919 und der KPD ab 1921. An der Universität Wien absolvierte sie das Studium der Staatswissenschaften und promovierte mit einer Dissertation über "Die Bedeutung der Produktivgenossenschaft am Beginn der österreichischen Arbeiterbewegung (1860-1873)". Am 30. Dezember 1933 verließ Valentina Adler Wien und fuhr über Berlin nach Moskau zu ihrem Mann Gyula Sas (geb. 1893), den sie 1925 in Deutschland geheiratet hatte. Sas hatte an der Ungarischen Räterepublik teilgenommen, er war Mitglied der KPD 1921-1928, dann der VKP (b) 1928-1931 und kehrte auf Wunsch Ernst Thälmanns 1931 von Moskau nach Berlin zurück, wo er bis zu seiner Verhaftung im April 1933 in der außenpolitischen Redaktion der "Roten Fahne" unter den Pseudonym Giulio Aquila arbeitete. Sas konnte Ende 1933 in die UdSSR emigrieren, wo er zusammen mit Valentina Adler verhaftet wurde. In Moskau arbeitete Valentina Adler (Pseudonym Dina Schreiber) im Verlag VEGAAR und wurde vermutlich deshalb zusammen mit ihrem Mann verhaftet, weil dieser im Pressebüro von Karl Radek arbeitete, damals (Januar 1937) als einer der Hauptangeklagten im zweiten großen Schauprozess. In den Verhören und vor dem Militärkollegium des obersten Gerichts (MKOG) bekannte sich Valentina Adler nicht schuldig. Ein Teil der Anklage - Verbindungen zu Trotzkisten im Ausland - dürfte ein Hinweis auf ihre aus Russland stammende Mutter Raissa (geb. Raisa Timofeevna Epschtejn) gewesen sein, die Trockij in seinen Wiener Jahren (1908-1914) persönlich kannte und ihn anlässlich eines Weltkongresses der "Freunde der Sowjetunion" am 7. November 1927 in Moskau wieder. Raissa Adler betätigte sich in Wien in der kommunistischen ("überparteilichen") Internationalen Arbeiter-Hilfe und war mit dem Ehepaar Isa und Josef Strasser befreundet. Josef Strasser, Mitbegründer der KPÖ, zeitweiliges Mitglied des Parteivorstandes und Chefredakteur der "Roten Fahne" 1928-1929, wurde wegen trotzkistischer Abweichungen 1929 aus der KPÖ ausgeschlossen. Über diese "verdächtigen" Verbindungen berichteten 1936 Johann Täubl, der Österreich-Referent in der Kaderabteilung des EKKI sowie der österreichische kommunistische Journalist und Schriftsteller Ernst Fabri dem NKWD. Die vertrauliche Mitteilung von 25. September 1936 endete mit dem drohenden Satz: "Da sie (d.i. Raissa Adler) Österreicherin ist, werden wir uns noch mit der Tochter, die hier lebt, weiter beschäftigen". Valentina Adler wurde am 22. Januar 1937 verhaftet und am 19. September 1937 zu acht Jahren Lagerhaft verurteilt. Da ihr Fall vor das MKOG kam, musste das Strafausmaß (Kategorie 2 - Gulaghaft) vom Politbüro listenmäßig bestätigt werden, was die Mitglieder desselben (Stalin, Molotov, Voroshilov, Kaganovitsch, Schdanov) am 31. August 1937 auch taten. Diese Liste (Adler war als einzige darauf) enthielt eine Mitteilung des 3. GUGB (Hauptdirektion für Staatssicherheit des NKWD der UdSSR), der zufolge Adler und ihre Mutter seit 1911 Trockij persönlich verbunden seien, zu einem Zeitpunkt also, als Valentina Adler erst dreizehn Jahre war. Vermerkt wurde zudem, dass Valentina Adler bis zuletzt auf ihrer Unschuld beharrt hatte. Valentina Adler starb am 6. Juni 1942 (nach anderen Angaben am 6. Juli) im Gulag, Gyula Sas am 26. August 1943, ebenfalls im Gulag. Albert Einstein richtete zahlreiche Anfragen hinsichtlich des Verbleibs von Valentina Adler an sowjetische Stellen und erhielt erst 1952 die Mitteilung, sie sei am 6. Juni 1942 verstorben. Bei der Rehabilitierung von Valentina Adler (1956) argumentierte das Oberste Gericht, dass sie sich nie schuldig bekannt hatte und dass ihr Mann, gegen den dieselbe Anklage erhoben worden war, bereits rehabilitiert worden sei.

Web:
www.doew.at/erinnern/biographien/oesterreichische-stalin-opfer-bis-1945/stalin-opfer-a/adler-valentina-diana
Tod:

Starb am 6. Juni 1942 im Gulag

Literatur:

Institut zur Geschichte der Arbeiterbewegung (Hrsg.): In den Fängen des NKWD. Berlin: Dietz Verl., 1991, S. 356-362