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Name:
Cermak, Johann
Geboren:
1893, Wien
Bio:

Johann Cermak erlernte den Beruf eines Mechanikers und diente von 1912 bis 1914 auf einem U-Boot der k.u.k. Kriegsmarine als Mechaniker. Im Dezember 1914 nützte er einen kurzen Urlaub in Konstantinopel und desertierte zusammen mit zwei Kameraden. Auf einem Handelsschiff gelangten die drei als Überläufer nach Odessa. Cermak fuhr weiter nach Krasnojarsk, wo er dann in einer Patronenfabrik arbeitete. In einem nahegelegenen Kriegsgefangenenlager besorgte er sich ein Dokument, das ihn als Angehörigen der k.u.k. Armee, der in russische Kriegsgefangenschaft geraten war, auswies. Im Mai 1916 zog er von Krasnojarsk nach Ekaterinburg, wo er in verschiedenen Betrieben beschäftigt war. Anfang 1917 übersiedelte er nach Moskau, wo er als Mechaniker in einer Fabrik für optische Geräte Arbeit fand. Im Dezember 1917 trat er als Freiwilliger in eine bolschewistische Kampftruppe ein, machte eine militärische Ausbildung und kam Ende Februar 1918 an die Front. Im September 1919 wurde er in der Nähe von Turinsk schwer verwundet, verbrachte einige Monate im Krankenhaus und wurde schließlich Ende Dezember 1919 demobilisiert. Bis 1924 arbeitete er dann als Mechaniker eines Sanatoriums, zu dem auch ein Kraftwerk gehörte, in Archangel'skoe, dem ehemaligen Gut des Fürsten N. B. Jusupov bei Moskau. Als das Sanatorium liquidiert wurde, blieb er als Mitarbeiter des Gutshofes, auf dem sich Trockij, Kamenev, Pjatakov und andere bekannte Persönlichkeiten erholten. Nach zwei Jahren Arbeitslosigkeit, in denen er von seiner kleinen Hauswirtschaft lebte, begann er Ende 1929 in der Schuhfabrik Буревестник in Moskau als Mechaniker zu arbeiten. Nach 1936 wechselte er mehrmals den Arbeitsplatz, bis er am 26. Oktober 1941 verhaftet wurde. Ab 1934 bemühte sich Cermak um die sowjetische Staatsbürgerschaft, die er 1936 erhielt. Kontakte zu Verwandten in Österreich hatte er nicht, denn seine Eltern und seine Schwester waren früh gestorben und sein Bruder im Ersten Weltkrieg gefallen. Cermak war verheiratet und hatte zwei Söhne. Cermak bestritt in den Verhören alle Vorwürfe der antisowjetischen Agitation, Lobpreisungen von "Volksfeinden" wie Trockij und Bucharin, Verherrlichung des Faschismus und defätistischer Äußerungen, gestand lediglich den Besitz eines Radioempfängers (bei Kriegsausbruch 1941 waren alle Radios eingezogen worden). Johann Cermak wurde am 2. Dezember 1942 zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt und in ein Lager bei Vjatka deportiert. 1943 richtete er eine Beschwerde an den Volkskommissar für Inneres, L. P. Berija, in der er ebenso wie im Verhör seine Wohnungsnachbarn der Verleumdung beschuldigte, die Beschwerde wurde jedoch zurückgewiesen. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt.

Web:
www.doew.at/erinnern/biographien/oesterreichische-stalin-opfer-bis-1945/stalin-opfer-c/cermak-johann
Literatur:

Hilfestellung bei der Auflösung verwendeter Abkürzungen:
arrow Verzeichnis der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Korrekturempfehlungen oder Ergänzungen:
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