- Name:
- Ketzlik, Alois
- Geboren:
- 23. November 1886, Wien
- Bio:
- Sein Vater, ein Bäckergehilfe, verließ die Familie bald nach seiner Geburt und wanderte nach Amerika aus. Die Mutter arbeitete als Köchin, Näherin und Wäscherin. Im Jahr 1900 begann Ketzlik eine Lehre in einer Wiener Buchdruckerei. Nach dem Lehrabschluss ging er auf Wanderschaft. Er trat in die Grafikergewerkschaft ein, wurde Vertrauensmann und mehrmals von der Betriebsleitung gemaßregelt. In den Jahren 1909 und 1912 war er wieder auf Wanderschaft. Er gehörte der Opposition in der Gewerkschaft an, weil er den "Reformismus" ablehnte. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde er wegen pazifistischer Propaganda verhaftet, nach einem Monat Untersuchungshaft in die k.u.k. Armee eingezogen. Als "staatsgefährliches Element" wurde er von der Truppe ferngehalten und als Bewacher von russischen Kriegsgefangenen eingesetzt. Bei Kriegsende war er Gefreiter im militärgeographischen Institut, wo er in den Soldaten-, Arbeiter- und Betriebsrat gewählt wurde. Ketzlik trat am 1. Januar 1919 in die KPÖ ein und gründete eine Parteizelle an seinem Arbeitsplatz. 1922 bis 1932 war er ZK-Mitglied, zeitweise auch im Politbüro. Gleichzeitig war er ein führender Gewerkschaftsfunktionär der KPÖ, Arbeiterkammerrat und Redakteur der "Roten Fahne". Am 3. und 4. Kongress der Komintern sowie am 1. und 2. Kongress der Profintern nahm er als Delegierter der KPÖ teil. Seine Emigration Ende 1933 stand in Zusammenhang mit einem chronischen Magenleiden als Folge der politischen Repressionen. Ketzlik gehörte zu dieser Zeit dem führenden Kreis der KPÖ nicht mehr an. Er wurde im Februar 1933 in Wien verhaftet und nach einem Monat auf Gelöbnis freigelassen, da ein Prozess gegen ihn erst für den Herbst 1933 angesetzt war. Er flüchtete nach Prag und von dort in die Sowjetunion. In Moskau leitete Ketzlik die Abteilung für ausländische Arbeiter in der "Deutschen Zentral-Zeitung" (DZZ) vom Dezember 1933 bis zu seiner neuerlichen Erkrankung im August 1937. 1936 trennte er sich von seiner Frau Erna und übersiedelte nach Perlovka, einem Dorf bei Mytischtschi, nördlich von Moskau. Im selben Jahr erhielt er die sowjetische Staatsbürgerschaft. Im Sommer 1937 erkrankte er an Grippe, was zu einer Enzephalitis führte. Die Krankheit erwies sich trotz Spitals- und Kurbehandlung als chronisch. Ketzlik wurde in der Folge im Dezember 1937 eine Invaliditätsrente von 141 Rubel monatlich gewährt. Das dies zum Leben nicht reichte, suchte er im Januar 1938 um eine Ehrenpension an. Am 4. Februar 1938 verhaftet, musste Ketzlik, der beschuldigt wurde, einen "Spionagering" in der DZZ zu leiten, alle Ausländer in den Betrieben angeben, die er im Zuge seiner Journalistentätigkeit aufgesucht hatte. Er bestritt bis zuletzt die Spionagebeschuldigung, auch anlässlich einer Gegenüberstellung mit einem deutschen Arbeiterkorrespondenten der DZZ, der ihn als Agentenanwerber bezeichnet hatte. Am 9. August 1938 wurden 123 zum Tode Verurteilte zur Hinrichtungsstätte Butowo bei Moskau geschafft, Ketzlik jedoch ins Gefängnis zurückgeschickt, weil er auf der Liste als Adolf statt Alois aufschien. Nachdem seine Identität einwandfrei festgestellt worden war, musste er den Weg elf Tage später zum zweiten Mal antreten. Ketzliks Lebensgefährtin Margarete Mengel, eine Kommunistin aus Düsseldorf (geb. 1901) und Mitarbeiterin der DZZ-Redaktion, wurde am 14. Februar 1938 verhaftet und ebenfalls am 20. August 1938 in Butowo erschossen. 1956 suchte Erwin Zucker-Schilling von der KPÖ - vermutlich auf die Bitte von Erna Ketzlik - um die Rehabilitierung von Alois Ketzlik an. Am 10. Januar 1957 gab das ZK der KPdSU die Rehabilitierung telegrafisch bekannt. Seine Frau Erna, die 1930 der KPÖ beigetreten und im Juni 1934 ihrem Mann nach Moskau nachgereist war, arbeitete in der Briefabteilung der DZZ. Sie kam im Dezember 1945 nach Wien zurück. In der Chruschtschev-Ära erhielt sie von den sowjetischen Behörden einen gefälschten Totenschein von Alois Ketzlik mit dem angeblichen Todesdatum 23. August 1944.
- Web:
- www.doew.at/erinnern/biographien/oesterreichische-stalin-opfer-bis-1945/stalin-opfer-k/ketzlik-alois
- Literatur:
Dehl, Oleg: Verratene Ideale. Zur Geschichte deutscher Emigranten in der Sowjetunion in den 30er Jahren. Berlin: trafo, 2000, S. 308; Nusko, Karin & Ilse Korotin (Hrsg.): Im Alltag der Stahlzeit. 18 Jahre in der UdSSR. Lilli Beer-Jergitsch (1904-1988). Lebenserinnerungen, Wien: Praesens, 2013
Hilfestellung bei der Auflösung verwendeter Abkürzungen:
Verzeichnis der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
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